, 10. Februar 2013
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Alle Wege führen nach Memmingen

behauptet zumindest ein kleiner Stadtführer, mit der Begründung, dass die bayrische Kleinstadt aus allen Himmelsrichtungen erreichbar sei, was jetzt nicht so speziell ist. Speziell ist dann aber die Hilfsbereitschaft im Bistro «Moritz» in der Altstadt; auf die Frage, ob es eine Raucherecke gebe, meint der Chefkellner: «Des gibt’s in ganz Bayern nich!» – «Und das […]

behauptet zumindest ein kleiner Stadtführer, mit der Begründung, dass die bayrische Kleinstadt aus allen Himmelsrichtungen erreichbar sei, was jetzt nicht so speziell ist. Speziell ist dann aber die Hilfsbereitschaft im Bistro «Moritz» in der Altstadt; auf die Frage, ob es eine Raucherecke gebe, meint der Chefkellner: «Des gibt’s in ganz Bayern nich!» – «Und das ist auch gut so», gibt eine giftige Blondine mit eifrigem Nachdruck hinterher. Okay, ich war schon länger nicht mehr so stolz auf meinen Wohnort St. Gallen, Passanten äusserten sich letzte Woche gegenüber den «St. Galler Nachrichten» ja ziemlich tolerant in dieser Frage. Zum Städtevergleich muss man gerechtigkeitshalber bemerken, dass dafür die Memminger Altstadt noch vollständiger steht.
Also Bayern – die «Monsters of Liedermaching» machen auf ihrer Frühjahrestournee einen Halt im Memminger «Kaminwerk», einem 1000-Personen-Saal, laut einer Taxifahrerin DER (einzige) Ort hier. Die Tourneen der Monsters führen im Zickzack-Kurs durch die Bundesrepublik, viele der Konzerte sind ausverkauft und die Fans kennen die Choreographien und «Monsters-Chöre» alle, auch hier in Bayern. In der Schweiz waren sie noch nie.
Die Monsters sind ein Punkkabarett mit Stadionatmosphäre und Schwerpunkt Liedermaching. Das funktioniert so: sechs Songwriter (Fred, Labörnski, Pensen, Burger, Totte und Rüdi) sitzen mit Klampfe auf der Bühne und wechseln sich ab – die Refrains singen sie dann meist gemeinsam. Die, welche grad nicht singen, machen die Choreo; sie rudern, zeigen den Sitzpogo (ein gesellschaftskritischer Ausdruckstanz) oder erklären, wie man lautlos klatscht und grölt zur unverstärkten Schlussnummer. Ihr Programm ist abwechslungsreich; vulgär oder romantisch, punkig oder leise, poetisch, abstrakt oder prägnant. Das ist die Attraktivität an diesem Format, sechs sehr unterschiedliche Charaktere schreiben ebenso individuelle Texte und spielen verschiedene musikalische Stile. Das Songwriter-Kollektiv ohne identifizierbare Frontfigur umgeht so die Eintönigkeit, die gewissen Liedermacher-Konzerten eigen ist – die Monsters machen Party.
Einer der Gruppe muss aber doch hervorgehoben werden: Der Konstanzer Rüdiger «Rüdi» Bierhorst ist Titelfigur und Grund für Götz Widmanns Stück «Mein Lied für Rüdi». «Rüdi mit den geilen Songs» widmet sich, seit er bei einer Berliner Versicherungsgesellschaft wegrationalisiert wurde, ganzberuflich der Musik. Wenn dessen ehemalige Arbeitgeber gewusst hätten, wie rationell sie damit der deutschen Songwriter-Szene geholfen haben…
Lieder wie seine sind rar. In «Julia» zum Beispiel ist er sympathisch verwirrt, «Der kleine Brief» ist laut Liederbuch ein Selbsttherapie-Versuch, der die Vorzüge des Briefkasten-Öffnens beschreibt. Oder er zeichnet ein ironisches Bild von koksendem «Jazzmusikpublikum», und dann gehen seine Lieder auch noch ums Trinken – er wurde auch schon «Bukowski des Songwriting» genannt. «Die schönsten Frauen liess ich stehn, für einen Abend mit Rüdiger Bierhorst aus Berlin.. (Widmann)» – einen solchen Abend kann man im April dann auch in St. Gallen erleben:

7.4. Sven Panne & Rüdiger Bierhorst im Varieté Tivoli, Tivoliweg 5, St.Gallen

17.2. Das Pack (Pensen) im Club Vaudeville, Lindau

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