Abschied von der Grubenmann-Forscherin

Rosmarie Nüesch-Gautschi hat in jahrelanger Arbeit den Grundstein zur Grubenmann-Sammlung im Zeughaus Teufen AR gelegt. Letzte Woche ist die «Grande Dame» des Ausserrhoder Kulturerbes gestorben.
Von  René Hornung
Rosmarie Nüesch 2018 in der Grubenmann-Kirche in Trogen AR. (Bild: René Hornung)

Rosmarie Nüesch-Gautschi, Tochter einer Baumeisterfamilie aus dem St.Galler Rheintal, war schon als junges Mädchen mit dem Vater auf den Baustellen und zeichnete auch alte Häuser. So begründete sie später ihr Interesse an der Denkmalpflege. Das Architekturstudium an der ETH brach sie als eine der ersten Studentinnen nach fünf Semestern ab. Sie heiratete, trennte sich später wieder und zog als alleinerziehende Mutter in den 1960er-Jahren ihre Kinder auf.

Mit der Baumeisterfamilie Grubenmann, die im 18. Jahrhundert Dutzende Brücken und Dachstühle baute, beschäftigte sie sich seit 1959, als sie für den SIA das 250-Jahr-Jubiläum des Baumeisters Hans Ulrich Grubenmann organisierte. Aus einer ersten Schau ist in jahrzehntelanger Arbeit eine umfangreiche Dokumentation und das Grubenmann-Museum entstanden, das seit zehn Jahren Teil der Ausstellungen im Zeughaus Teufen AR ist.

Von den «Grubenmannen» – so nannte Rosmarie Nüesch jeweils die Baumeisterdynastie – sind zwar nur noch drei kleine Brücken erhalten, aber viele der über 50 Dachstühle stehen immer noch stabil über Kirchen und Bürgerhäusern. Gebaut wurden sie damals von Zimmerleuten, die statische Belastungen und Kräfte verstanden, ohne diese berechnen zu können.

Über ihre Grubenmann-Forschung kam Rosmarie Nüesch zu Aufträgen für die Kunstdenkmälerbände, wurde « Obmann » des Ausserrhoder Heimatschutzes und 1978 in die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission gewählt. Sie war Appenzell-Ausserrhoder Denkmalpflegerin und Kantonsrätin und bekannt dafür, dass sie ihre Anliegen wenn nötig mit direkten Interventionen bei den Regierungsräten durchsetzte.

Und es gelang ihr immer wieder, mit ihrem Witz und Schalk Objekte zu retten. So hatte sie einmal die Renovation eines historischen Wegweisers im Ausserrhoder Ort Urnäsch verlangt. Als der Gemeinderat davon nichts wissen wollte, behauptete sie kühn und frei erfunden, die Innerrhoder Nachbarn würden diesen Wegweiser schon gerne übernehmen. Worauf – typisch für Inner- und Ausserrhoder Sticheleien – die Urnäscher dem Wunsch der Denkmalpflegerin doch nachkamen.

Rosmarie Nüesch hielt auch im hohen Alter mir ihrer Meinung nie hinter dem Berg. Den abtretenden Kurator des Zeughaus Teufen, Ueli Vogt, bestellte sie Anfang Oktober noch zu sich und gab ihm den unmissverständlichen Wunsch mit: «Schreib ein neues Grubenmann-Buch.» Denn ihre früheren Publikationen sind alle vergriffen. Drei Tage später schloss sie, mit fast 94 Jahren, für immer die Augen.