Das April-Heft
Saiten findet Originale fad und Plagiate toll. Und mashed mal eben die Kultur auf.

Alles, alles was du siehst
Alles, alles was du siehst
Gehört dir
Gehört dir
Peter Licht
Kopien sind neu und böse. Originale sind alt und gut. Kulturpessimisten werden das sofort fett unterstreichen. Dabei stammt solches Denken direkt aus der patriarchalen Vorhölle. Die Rippen- Eva ist schlechter als der Lehm-Adam, weil… Sie kennen die Folgen.
Ist etwas wirklich zu verdammen, nur weil es aus anderem heraus entstanden ist? Wir finden nicht und stimmen zur Feier dieser ersten neuen Saiten-Ausgabe das Lob auf die Kopie an. Stellen Sie sich vor, wir Menschen würden nicht nachplappern, nachäffen und nachahmen können. Wir würden heute noch in Höhlen hocken. Hätte es schon immer das Theater um Copyright, Zitierregeln und Besitz gegeben, wir stünden ohne Mozart und Shakespeare da, die geklaut und kopiert haben, was das Zeug hielt. Was die zwei damals taten, wird heute neumödisch Mash-up, Sampling oder Upcycling genannt. Dabei gilt: Aus Altem entsteht Neues, das irgendwann wieder zum Alten wird; und damit wieder zum Original. Kultur ist ein Schmelztiegel – da nützen keine Riegel, wie sie gerade in der digitalen Welt heftig diskutiert werden.
Im April ist der Tag des Urheberrechts. Eine gute Gelegenheit – wir diskutieren mit dem Piraten Marcel Baur über Copyleft und das Kopieren im Netz, folgen Wolfgang Bortliks Lob des Plagiats, ziehen geflickte Pullis von Iris Betschart an, reden mit collagierfreudigen Ostschweizer Kunstschaffenden und illustrieren das Heft entsprechend. Echt alles echt? Die 2. St.Galler Buch-Biennale fragt das Gleiche unter dem Titel «echt falsch»: Am 19. April soll gar Helene Hegemann, das böse Plagiatsmädchen, in der Lokremise zu Gast sein.
Wir sind gespannt – aber vorerst vor allem auf Ihre Reaktion auf dieses Heft. Denn dieses ist der wahre Grund, über neu und alt zu reden: Es gibt
neue Rubriken, neue Schwerpunkte, und wir freuen uns über neue Stimmen – Dorothee Elmiger, Stefan Keller, Gyatso Drongpatsang und Andreas Kneubühler schreiben je eine monatliche Kolumne. Und das Grafik-Trio Samuel Bänziger, Larissa Kasper und Rosario Florio hat sich ins Zeug gelegt und etwas ganz schön Neues geschaffen! Trotzdem bleibt Saiten, was es seit je war: das originale Ostschweizer Kulturmagazin. Unkopierbar.
Andrea Kessler und Peter Surber
Aus dem Inhalt:
POSITIONEN
Eine Reaktion zur Gretler-Ausstellung
Stadtlärm. Die neue Kolumne von Andreas Kneubühler
Hans Fässlers sieben Punkte zur «Ostschweiz am Sonntag»
TITELTHEMA
Vier Porträts über Künstlerinnen und Künstlern, die aus Alt Neu und Wolfgang Bortlik der sich darüber Gedanken macht
Ein Interview mit dem Piraten Marcel Baur über das Copyright im Netz und die «Befreiung der Kultur»
Kunstwerke von Alex Hanimann, Beni Bischof, Manuel Stahlberger und Roman Signer, aber sind sie alle echt?
PERSPEKTIVEN
Birgit Widmer meldet sich aus Finnland
Gyatso Drongpatsangs erzählt in seiner Kolumne «Stimmrecht» über seine Ankunft in der Schweiz
REPORT
Wie die Partyjugend in St.Gallen feiert (Text: Corinne Riedener / Bilder: Elias Raschle)
Wie die Landjugend nach der grossen Liebe sucht, hat Samuel Tanner an der Rhema beobachtet
KULTUR
Was ist los mit dem Kulturprozent der Migros?
Filipa Césars im Kunstmuseum St.Gallen
Daniel Ryser hat mit «Slime – Deutschland muss sterben» weit mehr geschrieben, als eine Bandbiografie
ABGESANG
Kellers Geschichten
Bureau Elmiger
Pfahlbauers Nachrichten aus dem Sumpf
Das Aprilheft als PDF-Download: SAITEN-04-2013