, 16. Juli 2018
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Diskretion – Bitte Abstand halten

Am Donnerstag wird entschieden, wer nach Christoph Nix die Intendanz des Konstanzer Stadttheaters übernimmt. Wilde Gerüche kursieren, von einer geheimen Wahl kann nicht mehr die Rede sein – ein Kommentar.

Bild: Rainer Sturm

Der 19. Juli ist ein spannender Tag für die Konstanzer Kulturszene, keine Frage. Denn an diesem Tag wird entschieden, wer nach Christoph Nix die Intendanz des Stadttheaters weiterführt. 81 Bewerbungskandidatinnen und -kanditaten gab es für diese Stelle, zwei sind in der letzten Runde.

Das gesamte Bewerbungsverfahren sollte geheim geführt werden, um die Privatsphäre der Bewerbenden zu schützen – Dank eines rücksichtslosen Journalismus der lokalen Presse ist dies aber nicht gewährleistet.

Bald 12 Jahre Intendant im Konstanz: Christoph Nix. (Bild: Ilja Mess)

Bereits vor Ablauf der Bewerbungsfrist präsentierten sich vier Personen der Presse: Ingo Putz, Daniel Morgenroth, Daniel Grünauer und Heike Frank haben sich auf die Intendanz beworben. «Südkurier» und «Seemoz» berichteten über dieses Quartett, das auf eigenen Wunsch zum Pressetermin geladen hatte. Abgesehen davon war unklar, wer sich noch bewerben würde – bis der «Südkurier» (und kurz darauf auch «Thurgau Kultur») weitere Namen veröffentlichte. Mit dem Vermerk, dass eine offizielle Bestätigung von Seiten der Stadt fehle, wurde im «Südkurier» wild spekuliert.

Es fallen willkürlich gewählte Namen aus der Deutschen und Schweizer Theaterszene – mit dem Vermerk: «Sie alle sind wohl nicht oder nicht mehr dabei» aber auch die zwei (unbestätigten) Kandidaten fürs Finale werden gleich mit präsentiert. Vermutlich. «Eine offizielle Bestätigung dafür steht aus, weil anders als beim letzten Findungsverfahren vor fast 13 Jahren strengste Geheimhaltung angeordnet ist», so Kulturchef Johannes Bruggaier wörtlich.

Im weiteren Verlauf des Artikels erklärt Bruggaier auch, warum es sich um ein geheimes Bewerbungsverfahren handelt: «In der Stadt bleibt jedoch die Sorge, weitere Kandidaten könnten sich von Indiskretionen brüskiert fühlen.» Weiter: «Für entsprechende Verärgerung hatte gesorgt, dass der Südkurier bereits im Vorfeld einen höchst umstrittenen Namen öffentlich machte

Was will der Südkurier-Redaktor mit diesem Statement sagen?

Ist die Privatsphäre einer Person egal? Lieber eine unbestätigte Meldung raus geblasen, als still Abwarten bis zur Präsentation des künftigen Intendanten oder der künftigen Intendantin? Musste gezeigt werden, dass man über «Underground-Infos» verfügt? Oder wird der Nachfolger bzw. die Nachfolgerin gleich mal standesgemäss von der Presse begrüsst? Vielleicht hatte er aber auch einfach mal Lust auf ein bisschen Kultur-Gossip?

Solcherlei Fragen stellen sich. Aber – Internet sei Dank – finden sich auch Antworten darauf. Im Imagefilm vom Südkurier heisst es nämlich:

«In Echtzeit zu sehen wie Nachrichten zum Leben erwachen – das ist faszinierend. Auch wenn wir manchmal nicht alles richtig machen. Aber das ist ja nicht schlimm… Wir scheitern, und dann versuchen wir’s wieder!»

Oder, auch ein schönes Motto für eine Regionalzeitung:

«Seriöser Journalismus, der so vieles in unserer Gesellschaft zusammenhält, der fällt doch nicht einfach so vom Himmel.»

Oder:

«Niemand muss sich vor dem Neuen fürchten, die Zukunft kommt. So oder so. Dann kann man auch den Kopf heben und die Zukunft mutig begrüssen!»

Vorschlag: Die Zukunft kann man auch begrüssen, wenn sie da ist. Und Kulturschaffende kann man mit Respekt behandeln.

Dieser Beitrag erschien auch beim Onlinemagazin Seemoz.

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