Blau-weisse Mützen und eine unbeeindruckte Stadionkatze
Alles nur noch Champions- oder Super-League? Die kleinen Klubs wehren sich. Vielleicht müssen sie dabei noch lauter werden.

Der Eintritt kostet zehn Franken. Es ist ein kalter Mittwochabend Ende März und auf dem Sportplatz Buechenwald spielt der FC Gossau gegen Balzers. Die Trainer heissen Giuseppe Gambino und Mario Frick (schoss ganz in der Nähe einmal ein Tor für GC). Das kleine Stadion wirkt auf fussball-romantische Art marode. Das war schon nicht anders, als der Heimklub noch in der Challenge-League antrat und ab und zu für Furore sorgte. Etwa 2007, als Gossau zuerst sein Cup-Heimspiel an den FC St.Gallen abtrat – und dann im Espenmoos gewann. Der beste Spieler auf dem Feld hiess damals Thomas Knöpfel. Der spielt inzwischen wieder für Gossau – und ist in der ersten Halbzeit gegen Balzers eigentlich nicht zu sehen.
Auf den ebenfalls nicht denkmalgeschützten Holztribünen (s.a. Espenmoos) verlieren sich am Mittwochabend 150 Zuschauer. Dafür genügt inzwischen ein Bratwurstgrill. Früher waren es in Gossau regelmässig 400 bis 600 Fussballfans und es brauchte mindestens zwei.
Ein paar Anhänger des FC Gossau tragen blau-weisse Strickmützen. Die Stadionkatze dreht ihre Runden. Als sie den Hund eines Zuschauers bemerkt, vergrössert sie nur den Sicherheitsabstand. In der Pause läuft über die scheppernde Anlage «Wicked Game» von Chris Isaak. Nach dem Schlusspfiff – Gossau hat gewonnen – folgt «Fiesta» von «The Pogues».
Zwischendurch fällt die Lautsprecheranlage aus. Als der Speaker die Zuschauerzahl bekannt gibt, sagt er auch noch: «Wir sind zum 77. Mal in Folge nicht ausverkauft».
Für Gossau spielen unter anderem Enzo Todisco (Ex-FCSG, Ex-Schaffhausen) und die Ex-Brühler Silvan Eggmann und Christian Böhi. Ist Mario Frick immer noch schnell? Die Frage lässt sich leider nicht beantworten. Der Spielertrainer des FC Balzers wechselt sich nicht selber ein.
Der gebotene Fussball ist mehr als ansehnlich. Beide Mannschaften spielen zeitweise mit einer Dreier-Abwehr. In der ersten Halbzeit wirkt Balzers überlegen: bessere Raumaufteilung, agilere Spieler. Doch dann trifft Knöpfel in der zweiten Halbzeit entgegen dem Spielverlauf zum 1:0 – und die spielerische Dominanz von Balzers ist wie weggeblasen. Einige Male wird es gefährlich – vor beiden Toren. Knöpfel verschiesst noch einen Penalty. Es bleibt beim 1:0 Sieg von Gossau nach einem in der zweiten Halbzeit interessanten Spiel.
Wieso hat es nicht mehr Zuschauer?
«Glotze aus – Stadion an» heisst in Deutschland eine Kampagne, die die Zuschauer wieder zu den kleinen Klubs locken soll. Aus der Ostschweiz machen bisher die beiden Vereine FC Gossau und FC Kreuzlingen mit. Im «Tagblatt» ist dazu letzte Woche ein schöner Artikel erschienen.
Gegen das Desinteresse der TV-Fussballkonsumenten wehrt sich auch der SC Brühl, der mit dem «Glotze aus»-Logo schon während der ganzen Vorrunde warb. Am letzten Donnerstag wurden bei einer Standaktion Gratis-Tickets für das Heimspiel gegen den FC Basel (U21) von diesem Mittwoch verteilt. Auf den verteilten Flugblättern steht: «Gibt es Top-Fussball nur am TV oder in Arenen? Machen sie sich selber ein Bild.»
Wie waren die Reaktionen?
Es sei wichtig gewesen, sich wieder einmal zu zeigen, findet Richard Zöllig, Vizepräsident des SC Brühl. Vielen Leuten habe man zuerst erklären müssen, was das denn genau ist: Promotion-League. Andere hätten schlicht genug von allem, was mit Fussball zu tun hat.
Es gab aber auch die anderen: Rund 500 Tickets wurden für den Match am Mittwoch verschenkt. Zöllig rechnet trotzdem nicht mit einem grossen Ansturm: Vielleicht 30, 40 zusätzliche Zuschauer könnte die Aktion bringen, ist seine vorsichtige Schätzung. Wären es dank dem schönen Wetter und dem attraktiven Gegner 100 bis 200 mehr, wäre man schon sehr zufrieden.
Die nächsten Spiele:
Mittwoch, 2. April 19.30: SC Brühl – FC Basel (U-21)
Samstag, 5. April, 17 Uhr: FC Gossau – Chur 97