, 19. Juli 2021
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Satelliten auf der Grenzlinie

Eschlikon, wo man sonst eher vorbeifährt, wird zur Kunstmeile. Und dies gleich dreizehnfach: Auf einem mehrstündigen Weg entlang der Gemeindegrenzen zeigen 13 Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeiten in der Natur. Von Dieter Langhart

Ursula Pallas Schriftzug in den Wäldern um Eschlikon. (Bilder: Dieter Langhart)

Kunst kann Grenzen überschreiten, Kunst kann auch eine Gemeindegrenze nachzeichnen. Im Südthurgau reihen sich dreizehn Werke von Ostschweizer Kunstschaffenden entlang dem Grenzweg rund um Eschlikon, Wallenwil und Hurnen, die seit vierundzwanzig Jahren eins sind – und locken auf einen ebenso fantastischen wie verblüffenden Rundgang.

Gemeindegrenzen sind ebenso wichtig wie unspektakulär. Dies gilt auch für Eschlikon an der Bahnlinie zwischen Winterthur und Wil. Nur dass da zwei Galeristen wohnen und arbeiten: Werner Widmer und Jordanis Theodoridis. Sie haben sich etwas Besonderes ausgedacht, und die Gemeinde machte mit: dreizehn Kunststationen, die Eschlikon wie Satelliten umkreisen. «Orbit» heisst die verblüffende Aktion, die bis in den Herbst dauert.

Der Rundgang lässt sich am besten beim Bahnhof starten: ohne Parkplatzsuche, dafür mit einem Ortsplan vom Avec- oder Volg-Laden, auf dem alle Stationen eingezeichnet sind; vielleicht in zwei oder drei Etappen für die fünfzehn Kilometer. An jeder Station steht eine Tafel mit Hinweisen zum Künstler oder zur Künstlerin, doch dann muss ich die Augen öffnen, denn das Werk baumelt vielleicht über mir oder hängt zwischen zwei Stämmen oder schwimmt mitten im Weiher.

Bis 13. Oktober 2021

orbit12.ch

Widmer und Theodoridis haben arrivierte wie auch junge Kunstschaffende ausgewählt, die Erfahrung im öffentlichen Raum oder mit Kunst am Bau haben und möglichst aus der Region stammen. Die Kuratoren beschrieben die Standorte; wer mochte, konnte sich einen auswählen.

Elisabeth Nembrinis Optimist, beobachtet von Fischern.

So wollte Elisabeth Nembrini ihre Installation Optimist mitten im Ziegeleiweiher realisieren: Auf einem Ponton, der unter der Wasseroberfläche schwimmt, stecken rote Fähnchen, Windanzeiger von Segelbooten, die jeden Hauch mitmachen und auch vom Zug aus sichtbar sind.

Auf die frühere Ziegelproduktion bezieht sich auch Almira Medaric mit einer schlichten Skulptur aus locker gestapelten Steinen. Ursula Pallas Schriftzug «Welcome to the jungle» baumelt hoch über unseren Köpfen, in den hochglanzpolierten Lettern spiegeln sich Laub, Himmel, vielleicht wir selbst.

Christoph Rütimann.

Ähnlich überdimensioniert ist Sonja Rüeggs splice zwischen zwei Tannenstämmen, eine Art Makramee aus 800 Metern Hanfseil, das irgendwann mit dem Wald verwachsen wird. Über Kopf hängt auch Christoph Rütimanns Tetrasphereline Waldweg: ein geschwungenes Stahlrohr, das je nach Standort des Betrachters als Schlaufe, Blatt, Kreuz oder eine Acht erscheinen mag. Und Joëlle Allet besetzt den Raum beim Restaurant Säntisblick mit einer ebenso schlichten wie raffinierten Arbeit aus Blattgold, einer zweiteiligen Sonne auf Buchenstämmen.

Joëlle Allet.

«Eschlikon wird weicher», sagt Galerist Werner Widmer. «Wer den Orbit durchläuft, entdeckt neue Ecken im Ort und weitet den Blick.»

 

 

 

 

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