, 10. April 2019
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Komplizenschaft für die Kultur

Die IG Kultur Ost ist gegründet. Am 6. April haben über 100 Gründungsmitglieder im Kulturkonsulat St.Gallen die Interessengemeinschaft ins Leben gerufen. Innert einem Jahr soll sie zu jener «starken Stimme» werden, «die die Kultur in der Ostschweiz verdient hat».

«In aktuellen fragilen, vor allem kreativen Arbeitswelten muss man in wechselnden sozialen Konstellationen, mit Menschen aus verschiedenen Kulturen sowie unter Zeitdruck und Geldknappheit viele Projekte erfinden und durchführen, die Öffentlichkeiten herstellen und eine möglichst hohe diskursive Akzeptanz in der jeweiligen Szene erzeugen.»

Das schreibt Gesa Ziemer im Buch Komplizenschaft. Neue Perspektiven auf Kollektivität. Das Zitat passt einerseits prächtig zum Titelthema der aktuellen Saiten-Ausgabe vom April, die sich mit Kollektiven und kooperativen Arbeits- und Entscheidungsformen aller Art auseinandersetzt. Und es passt andrerseits auch zur Gründung der IG Kultur Ost vom vergangenen Samstag.

«Kultur als selbstverständliche Staatsaufgabe»

Im Saal des Nextex im Kulturkonsulat war das Gedränge gross. Teils von weither (Toggenburg, Walenstadt, Kreuzlingen, Winterthur usw.) waren Interessierte angereist zur Gründungsversammlung der Interessengemeinschaft IG Kultur Ost. Gut hundert Gründungsmitglieder trugen sich spontan ein, verabschiedeten die Statuten und wählten einen Gründungsvorstand für ein Jahr.

Die Gründungsversammlung im Kulturkonsulat. (Bilder: pd)

Der Verein ist politisch unabhängig, konfessionell neutral, gemeinnützig und nicht gewinnorientiert. Gemäss seinem provisorischen Zweckartikel setzt er sich «für die Belange und die Bedürfnisse der Kulturschaffenden, Kulturvermittlerinnen und -vermittler und Kulturinstitutionen in der Ostschweiz ein. Namentlich engagiert sich der Verein dafür, dass die öffentliche Hand eine umsichtige und grosszügige Kulturförderung leistet, dass Kultur in den Städten wie auf dem Land gefördert wird, dass Kulturschaffende sich vernetzen und gemeinsam für ihre Anliegen einstehen, dass Kultur als selbstverständliche Staatsaufgabe in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.»

Vernetzung, Interkultur…

Was das im einzelnen heisst, wo und in welcher Form die IG sich zu Wort melden soll, wird der Gründungsvorstand innerhalb eines Jahres klären. Auch die Höhe der Mitgliederbeiträge für Einzelpersonen und Institutionen muss erst noch festgelegt werden.

Als Gründungspräsidentin gewählt wurde die Produzentin und Kulturvermittlerin Ann Katrin Cooper. Dem Vorstand gehören weiter an: Andreas Stock (Kinok St.Gallen), Claudia Rüegsegger (Momoll Theater Wil, Eisenwerk Frauenfeld), Dario Jablanovic (Concentus rivensis Walenstadt),  Elisabeth Nembrini (Künstlerin, Dozentin, Berg SG), Johannes Rickli (Co-Leiter Palace St.Gallen), Thomas Gnägi (Museen Schloss Werdenberg) und Peter Surber und Philip Stuber von Saiten an.

Verschiedene Erwartungen an die künftige IG wurden bereits am Gründungsanlass geäussert – auf einer Pinwand unter dem Stichwort «Gute Ideen». Vernetzung war eines der Stichworte, einerseits mit bestehenden Fachverbänden, andrerseits digital oder mittels einer Zeit-Börse unter Kulturschaffenden. Andere wünschten sich Unterstützung durch die IG für das Literaturhaus-Projekt oder für einen Ostschweizer Schauspiel-Lehrgang, eventuell zusammen mit Bregenz und Konstanz. Weiter wurde angeregt, die IG solle auch Stimmen von «aussen», von Kulturfans, einbeziehen; ebenso sollte die interkulturelle Szene und der Süden des Kantons St.Gallen vertreten sein.

Leipzig, Stuttgart…

Gründungspräsidentin Ann Katrin Cooper nannte in ihrer Ansprache löbliche Vorbilder. Etwa Leipzig, wo die Kultursubventionen gerade um 60 Prozent erhöht worden seien. Oder die freie Theater-und Tanzszene in Stuttgart, «wo es gelungen ist, durch den Zusammenschluss der Akteure, durch Sichtbarmachung der Szene, durch proaktiven Kontakt mit Stadt und Land zu erreichen, dass es in naher Zukunft einen Raum / ein Theater in einem Neubau für die freie Szene geben wird. Ein Thema, was in St.Gallen ja ebenfalls schon lange immer wieder thematisiert wird.»

Gründungspräsidentin Ann Katrin Cooper.

Ihre Motivation, bei der IG mitzutun, erklärte Ann Katrin Cooper unter anderem so: «weil ich der Überzeugung bin, dass im Zusammenschluss von vielen (möglichst allen) Kulturinstitutionen, Initiativen, Künstlern, Vermittlerinnen, Produzenten die Möglichkeit liegt, dass eine starke Stimme entsteht, die die Kultur in der Ostschweiz verdient hat und dringend braucht.»

Viele einzelne täten das zwar schon in ihrer Arbeit, aber bei oftmals prekären Arbeitsbedingungen. «Da fehlt die Zeit oder die Möglichkeit, längerfristig dranzubleiben, aber es fehlt auch das Gewicht, das ja eigentlich nur durch die Vielzahl und das Ziehen an einem Strang zustande kommen kann, und das dann eine gewisse Schlagkraft entwickelt. Auch, um Komplizen und Unterstützer aus anderen Bereichen zu gewinnen.»

«Energie, Fantasie und subversive Kraft»

A propos Komplizen – Gesa Ziemer definiert sie so: «Komplizen sind Verbündete, die eng miteinander verflochten zur Tat schreiten. Diese Aktionsform lässt sich immer auf der Handlungsebene überprüfen, weil sie in einer Tat aufgeht und deshalb nie nur Konzept bleibt. Sei diese Tat nun legal oder illegal, in jedem Fall haftet der Komplizenschaft Energie, Fantasie und subversive Kraft an.»

Infos zur Mitgliedschaft: redaktion@saiten.ch

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