, 10. Dezember 2017
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Die Frohbotschaft im Advent von Uncle Charlie’s Finest

Charles Pfahlbauer jr. über ungetrübte Melancholiefreudentage, das Aus für die Time-Out-Bar und das ideale Weihnachtsgeschenk für Asthmatiker.

Valley Skunk aus dem Adventskalender. (Bild: pd)

Verehrte letzte Mohikaner im Ostreservat, geht’s euch gut, geht’s euch wirklich gut, um wieder einmal mit einem berühmten Osthit zu fragen. Ihr seid ja sicher alle sehr beschäftigt, auf euren Profilen und sonstigen Aushängeschildern im virtuellen öffentlichen Raum ein No-Billag-Nein zu montieren; jedenfalls tun das gerade noch der hinterletzte Hobbytrompeter und die unerhörte Sängerin der weichgespültesten Hipsterhöselerband im ganzen Land. Keine Angst, ich stimme trotz dem vor Jahrzehnten bereits abgestellten Fröhlichzwangsradiozumglück und trotz Sascha-Ruefer-Sven-Epiney-Dominic-Deville-Reto-Scherrer-Arthur-Honegger & Co-SRG-Nervtröten ebenfalls solidarisch anständig No-No, aber lassen wir das.

Meinerseits kann ich nicht klagen, würde ich mit landesüblicher Verknorztheit sagen. Was nicht selbstverständlich ist, denn erst noch verlustierte ich mich mit allerliebst Frau Braunauge am Kap der Guten Hoffnung, da ist die Rückkehr ans Ostrandkap der Dauernden Enttäuschung doch eine besondere Herausforderung, wie es in der Bildungsbranche heisst. Bin ja gar nicht anfällig für den fiesen Novemberblues, der so manchen Pfahlgenossen zuverlässig niederstreckt, ganz im Gegenteil: Ich stürze mich immer mit Begeisterung in den Nebelmonat, und der Erste ist sowieso mein persönlich liebster Feiertag, Allerheiligen und Allerseelen sind für einen Kerzenkatholiken mit Hang zu Marroni, Salami und Rotwein einfach ungetrübte Melancholiefreudentage.

Und mit einer täglichen Ohrenspülung wurde der Monatslauf nur noch besser: unaufhörlich im Sog der Untergangsklangmalerei von Protomartyr, Detroit-Katholiken mit erlösender Langzeitwirkung, unterbrochen nur vom Valium-Geisterjazz von King Krule. Dazu in diesem schönen langen November üppig Zeit, um Fachblätter zu studieren und auf einen guten alten rhizomatischen Bekannten zu stossen: Dem Hallimasch im Nationalpark, den ich einst in jenem Sommer besungen hatte, in dem mir das schläfrige Bundesväterchen Johannschneiderammann auf dem denkmalgeschützten Dorfplatz von Guardamit seinem Mercedes fast den Fuss platt gefahren hätte, also dem Riesenpilzkerl geht es anscheinend prächtig.

Der Unterengadin-Hallimasch bleibt mit seiner Grösse von 50 Fussballfeldern das grösste Lebewesen der Schweiz, wenn auch ein Armillaria-Gattungskollege natürlich in den USA noch etwas grösser ist: Das Individuum mit dem Spitznamen «humongous fungus» besitze sogar ein Netzwerk mit einer Fläche von fast 1000 Hektaren und einem Gewicht von 544 Tonnen. Tagelang vertiefte ich mich in die Ergebnisse eines internationalen Forscherteams um György Sipos von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und dachte mir umfangreiche Pilzfadenstrang-Suchaktionen im unterirdischen Ostgelände aus, speziell auch in Liechtenstein.

Derweil draussen das gewohnte Jammertal: Schnee fiel, die Wirtschaft klagte, die Ostrandzonenpolitik verzagte. Nichts, das einen von freudspendenden Adventsvorbereitungen abbringen konnte. Am ehesten besorgte mich noch die Nachricht, dass die letzte Nachtanlaufstelle in der Engelgasse, die Time-Out-Bar, aus dem Haus geworfen werde: Sind wir in der Gallenstadt jetzt schon so weit, dass nicht mal mehr dieser unverdächtige Agglo-Altvolksschuppen überleben kann? Das lass anderer Leute Sorge sein, Charlie, sagte ich mir und vertiefte ich mich in interessante Geschenkangebote.

Eins hab ich selbstverständlich schon bestellt, bei einem mir bislang unbekannten, aber rundum vertrauenserweckenden Namensvetter: Der Uncle Charlie’s Finest Christmas CBD Hanf Adventskalender (s. Bild) des Balgacher Cannabidiol-Grosshändlers Uncle Charlie’s Finest zu 79 Franken (Warenwert 100 Fr.) ist das ideale vorweihnachtliche Geschenk für meine Brüder in Übersee, sowie auch für einen Asthmatiker wie mich. Er verspricht an jedem Tag im Dezember vom 1. bis zum 24. eine süsse kleine Überraschung. Wenn es denn klappt mit der Vorbestellung; ich muss befürchten, zu spät dran gewesen zu sein für die wenigen Exemplare der Limited Edition.

Dann müsste ich baldigst zum Tabaklädeli Altstätten fahren, um von Uncle Charlie’s Finest eine Portion Charlie’s Valley Skunk zu ergattern, biologisch angebaute Indoor-Hanfblüten, 50 Stutz für 5 Gramm, das Aroma atemberaubend und mega fruchtig, ohne zu aufdringlich zu wirken, heisst es. Wenn diese Frohbotschaft nicht typisch Chancental ist! Und wenn es so weiter geht in diesem Winter, wird wirklich alles gut. Einen ebenso gfreuten Advent mit Protomartyr, Hallimasch und Valley Skunk allerseits!

Dieser Beitrag erschien im Dezemberheft von Saiten.

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