, 12. Dezember 2015
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Arbeitsmarkt Thurgau – düstere Aussichten  

Die Quote der Arbeitslosen liegt über dem schweizerischen Durchschnitt und das Mittel der Löhne darunter. Die Arbeitsmarktsituation im Kanton Thurgau wird sich im kommenden Jahr kaum verbessern, eher noch verschlechtern.
 

„Es wird tendenziell und zwischenzeitlich eine weitere Verschärfung eintreten“, porphezeit Edgar Sidamgrotzki, Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit (AWA). „Der Arbeitsmarkt reagiert immer zeitverzögert gegenüber der Konjunktur.“

Zahlen der Arbeitslosen und Stellensuchenden

steigen im November markant an

Hiobsbotschaft am 11. November: Der Frauenfelder Schleifmittel-Produzent Sia Abrasives streicht 260 Stellen. Auf Ende des Monats sind 3631 Arbeitslose beim RAV gemeldet, 105 Personen mehr als im Vormonat. Die Zahl der Stellensuchenden steigt markant an. 6062 Personen sehen sich nach einem neuen Job um, 248 mehr als im Vormonat. Eine so hohe Zahl wurde zuletzt zwischen September 2009 und April 2010 registriert.

Mit nur wenigen Ausnahmen bewegen sich im Thurgau während des ganzen Jahres 2015 die Zahlen der Arbeitslosen und Stellensuchenden aufwärts. Die Arbeitslosenquote liegt fast immer über dem schweizerischen Druchschnitt.

Industrie: Verkaufszahlen und Erträge sind rückläufig

„Die Thurgauer Industrie kämpfte auch im dritten Quartal mit rückläufigen Verkaufszahlen und gedrückten Erträgen“, schreibt das Thurgauer Wirtschaftsbarometer am 18. November 2015. Das Barometer informiert vierteljährlich über den Stand und die Entwicklung der Thurgauer Wirtschaft. Es wird von der kantonalen Dienststelle für Statistik herausgegeben, in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, der Thurgauer Kantonalbank und der Industrie- und Handelskammer Thurgau. Der Auftragsbestand sei vielerorts zu klein, heisst es weiter in der Analyse. Die Betriebe würden für das vierte Quartal nur eine zaghafte Erholung der Bestellungseingänge erwarten.

Sorgenkind ist die Thurgauer Exportwirtschaft. Von Januar bis September 2015 liegt die Warenausfuhr wertmässig um 7,2 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Mengenmässig wird praktisch gleich viel wie 2014 exportiert. Das Ertragsminus ist auf den Preisdruck in der Exportwirtschaft zurückzuführen. Ausser der Fahrzeugbranche verbuchen alle grösseren Exportbranchen Einbussen. Um überdurchschnittlich 11,4 Prozent sinken die Ausfuhren in den wichtigsten Absatzmarkt Deutschland. Im Vergleich zu 2014 vermindert sich der Export in den gesamten EU-Raum um 7,4 Prozent und jener in die aussereuropäischen Industrieländer um 12 Prozent. Hingegen können sich die Thurgauer Exporte in die Transformations- und Entwicklungsländer steigern.

Lohn: 400 Franken unter dem Schweizer Durchschnitt

Nach den jüngsten Lohnerhebungen der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau, die sich auf das Jahr 2012 beziehen, verdienen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Privatwirtschaft im Mittel rund 5700 Franken pro Monat (Medianlohn). Die mittleren Thurgauer Löhnen liegen im gesamtschweizerischen Vergleich 400 Franken unter dem Durchschnitt.

Die höchsten Medianlöhne finden sich in der Privatwirtschaft sowie in den Bereichen Erziehung und Unterricht, wo die Beschäftigten im Mittel rund 7200 Franken verdienen. Ebenfalls vergleichsweise hohe Medianlöhne werden in den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, im Bereich Energie, Wasser und Entsorgung sowie in den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen bezahlt.

Am niedrigsten sind die mittleren Löhne im Bereich Kunst, Unterhaltung, Erholung und im Gastgewerbe, wo die Beschäftigten im Mittel weniger als 4500 Franken verdienen. – Die Unterschiede sind zumindest zum Teil auf strukturelle Ungleichheiten zwischen den Branchen zurückzuführen. Ein höherer Anteil hochqualifizierter Arbeitskräfte führt auch zu einem hohen Medianlohn in einer Branche.

Ein höheres Bilungsniveau wirkt sich positiv auf den Lohn aus. Beschäftigte ohne abgeschlossene Berufsausbildung erhalten 2012 im Mittel einen monatlichen Bruttolohn von 4600 Franken. Wer über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, verdient rund 5700 Franken. Diejenigen mit einer höheren Berufsausbildung sogar 7600. Am meisten erhalten die Beschäftigten, die ein Universitätsdiplom vorweisen können. Diese Beschäftigten erzielten 2012 im Mittel einen Bruttolohn von 9300 Franken und erreichten damit einen rund doppelt so hohen Medianlohn wie die Beschäftigten ohne abgeschlossene Berufsausbildung.

Frauen verdienen 20 Prozent weniger als Männer

Über alle Berufsgruppen und Wirtschaftsbranchen hinweg verdienen im Kanton Thurgau Frauen  im Mittel rund 20 Prozent weniger als Männer. Der monatliche Bruttolohn der Frauen lag 2012 mit 4900 Franken um mehr als 1200 Franken tiefer als derjenige der Männer. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede hängen dabei stark vom Alter ab. Bei den unter 30jährigen Beschäftigten gibt es kaum Unterschiede zwischen den Arbeitnehmerinnen und ihren männlichen Kollegen. Während der Bruttomedianlohn der Männer danach noch kräftig zunimmt, steigt er bei den Frauen ab dem 30. Lebensjahr kaum mehr weiter an.

Unsicherheiten gegenüber Masseneinwanderungsinitiative

Laut dem Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit sind es drei Hauptfaktoren, die auf den Thurgauer Arbeitsmarkt wirken: der starke Franken, die Exportabhängigkeit der Industrie und die Grenzlage des Kantons. „Aber Wirkung zeigen auch die Unsicherheit gegenüber der Ausgestaltung der Masseneinwanderungsintiative und der allgemeine Strukturdruck in der produzierenden Industrie, den es auch ohne Frankenstärke gibt“, sagt Edgar Sidamgrotzki.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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