, 29. Dezember 2009
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Last Smoker Standing, oder das Wort zum 1. Oktober

von Charles Pfahlbauer jr. O ja, hier bin ich, schauen Sie mich genau an, kein Erbarmen und keine falsche Rücksichtnahme, geben Sie alles, erzählen Sie mir von der Chronic Obstructive Pulmonary Disease und von ihrem Grossvater oder dem Marlboro-Man, wie er qualvoll sterben musste mit verengten Lungen, kleben Sie mir die Augen auf und lassen […]

von Charles Pfahlbauer jr.

O ja, hier bin ich, schauen Sie mich genau an, kein Erbarmen und keine falsche Rücksichtnahme, geben Sie alles, erzählen Sie mir von der Chronic Obstructive Pulmonary Disease und von ihrem Grossvater oder dem Marlboro-Man, wie er qualvoll sterben musste mit verengten Lungen, kleben Sie mir die Augen auf und lassen mich mit hundert Stunden Mario Cortesis Kehlkopfmikrokrüppeln allein, schicken Sie mich auf einen letzten verkrebsten Marathon, und halten Sie ein paar träfe Sprüche bereit: Ich bin der letzte Raucher. Ja, zeigen Sie mit dem Besserwisserfinger auf mich und führen Sie mich Ihren Kindern vor, die im Nurnochnichtraucherzugabteil auf und ab rennen und dummes Zeugs daherschreien, und wenn man ihnen mal ein Bein stellt, wie am Spiess schreien und einen als Teufel verraten, bis der Vater kommt und man prompt eine Schlägerei ins Gesicht hat, so friedlich ist es im Nichtraucher. Ja, ich bin der letzte Raucher, demnächst hauptberuflich und zur Knappnochlebend-Ausstellung an Gesundheitsseminaren der Lungenliga verpflichtet.

Durchleuchten Sie meine Atemorgane und stecken Sie mich ins Sauerstoffzelt, wo ich lebendigen Leibes verbrenne vor dem Verlangen nach einem Glühstengel, es ist der Horror, der Horror, mein Auswurf sieht stärker aus als ich. Verdammt, ich bin der letzte Raucher, und ich wollte gar nie darüber reden, sondern wie früher nur ein bisschen saugen und ziehen und gesellig sein, Sie wissen schon, ganz nebenbei, es ist die natürlichste Sache der Welt, «sich eine jämmerlich zermatschte
tote Pflanze in den Mund zu stecken und zu denken, man sei cool» (Frank Stebbing), ja, es ist cool, manchmal, weil es tröstet und wenigstens irgendetwas anstellt mit der Zeit, es ist wie etwas erledigen, ohne etwas zu erledigen, und es öffnet, wenn rundherum alles zu geht.

Die Kolumne von Charles Pfahlbauer jr. erschien übrigens im Februarsaiten 2007.

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