, 15. Juli 2015
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Headbang im Blumenshirt

Die dritte und letzte Kulturfestival-Woche startete mit einem energiegeladenen Mix aus Reggae, Maloya, Musette und Chanson. Legendär und irgendwie sexy. Anders kann man den Auftritt von McAnuff & Co. nicht beschreiben.

Geili Sieche! Grosses Kino, was Reggae-Paps Winston McAnuff und die beiden Franzosen Fixi und Marc Ruchmann am Dienstagabend im St.Galler Museumsinnenhof geboten haben. Dabei fing alles noch ganz gemächlich an. Mit Reggae-Tunes, Positive Vibes und einem «Even a millionnaire can’t buy five minutes of time…» aus Winstons Mund.

Zwei Tracks später hatten die Beats schon deutlich an Tempo zugelegt und der Jamaikaner lag wie tot am Boden, die Dreadlocks in alle Richtungen verstreut – während Akkordeon-Virtuose Fixi den Museumsinnenhof solo rockte. So richtig rockte.

Leidenschaftlicher Körpereinsatz

Selten war eine Handorgel so sexy, so punk, so nicht-volkstümlich. Fixi, oder bürgerlich François Xavier Bossard, stand ganz zuvorderst auf der Bühne. Headbangend im Blumenshirt. Die Finger flogen nur so über die Tasten, die Haare klebten ihm im Gesicht. Der Blick: irgendwo zwischen Ektase und Wirrnis.

Was den Erotikfaktor betrifft war Winston McAnuff nicht minder gut dabei. Der alte Mann hats definitiv in den Hüften. Aber nicht arthrosemässig, sondern ganz im Gegenteil: Wenn er so dasteht, lächelnd im Licht, wenn er langsam das Becken kreist und mit gespreizten Händen genüsslich um seine Kurven streicht, kann man es plötzlich glauben. Dass man auch mit bald 60 noch tipptopp schnackseln kann.

Bei zwei solchen Kalibern erscheint es da fast schon ironisch, dass Marc Ruchmann, der Dritte im Bunde, ein wenig untergegangen ist auf seinem Stühlchen im hinteren Teil der Bühne. Auf den ersten Blick war er nämlich die Schnitte. Vielleicht ist er auch drum Schauspieler, wenn er nicht gerade auf der Kulturfestival-Bühne sitzt.

Maloya? Legalize it!

Musikalisch war Ruchmann allerdings nicht wegzudenken, denn seine Beats, die er beatboxend, mit Looper, Cymbal und Drumcomputer beigesteuert hat, bereiteten den Boden für Fixi und McAnuff. Gerade bei der Maloya, einem zügigen Musikstil aus La Réunion im Sechsachteltakt, der lange verboten war, braucht es eine solide rhythmische Basis. Sie war mehr als das.

blume

Jedenfalls hat es ganz wunderbar harmoniert zwischen den zwei jungen Franzosen und dem angegrauten Reggae-Star. Starke Musiker. Und die drei haben so einiges losgelassen: Ihr Mix aus Reggae, Afrobeats, Cumbia, Maloya, Musette und französischen Chansons konnte gar nicht anders als in die Beine zu gehen. So feiert man zehn Jahre Kulturfestival.

Schrägster Moment: Als Winston Mc Anuff mit einem länglichen Etwas auf die Bühne zurückkehrte und damit ins Publikum hinabstieg, um in der Menge zu tanzen. Keine Ahnung was das genau war. Ausgesehen hat es wie eine blinkende blaue Rose aus Metall und Glas. Eine Art Segnungsstab oder so. Jedenfalls war’s keine ausgefallene Bong, wie anfangs gedacht.

Bester Moment: Als die Hände schon fast abgefault sind vor lauter Klatschen, sich die ersten aus dem Publikum bereits wieder auf den Weg zur Bar gemacht haben und das Trio ein letztes Mal auf die Bühne zurückgekehrt ist. Und nochmal ordentlich einen durchgab. Inklusive Akkordeon-Solo und Blinke-Rose.

 

Infos und weiteres Programm: kulturfestival.ch

Bilder: Marcello Engi

 

 

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