, 27. April 2014
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Eine Kuppel fürs Kochareal

Milo Schulers Kuppelzelt steht neu auf dem Kochareal statt im Linsebühl. Eine Erklärung, warum es in Zürich einfacher war als in St.Gallen.

Inspiriert vom Zirkusleben und fasziniert von komplizierten Holzkonstruktionen samt technischen Herausforderungen, hat der Zimmermann Milo Schuler einst beschlossen, ein Kuppelzelt zu bauen. Das Ergebnis jahrelanger, sorgfältiger Berechnungen hat er nun in der optimierten zweiten Version aufgebaut. Allerdings nicht wie beabsichtigt in St.Gallen – wo es von unterschiedlichsten Seiten Interesse für eine Nutzung gegeben hätte – sondern in Zürich.

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Begegnungsraum, rund um die Uhr bewacht

In St.Gallen ist Schulers Traum, mit dem Zelt einen Begegnungsraum zu schaffen, die Kuppel für Kurse, Training, Quartiervereine, Nachbarschaftsinitiativen oder Konzerte zur Verfügung zu stellen, fürs Erste gescheitert. Von der Polizei wurde ihm die Kreuzbleiche als Standort empfohlen, allerdings wären da nur Grossanlässe möglich gewesen; Bedingung dafür wäre ein pedantisches Konzept mitsamt Bewachung des Geländes rund um die Uhr gewesen. 

Zuallererst brauchte Schuler schlicht einen Platz für das Zelt, um finale statische und feuerpolizeiliche Abklärungen durchzuführen. Ohne diese wäre eine öffentliche Nutzung ohnehin nicht möglich.

Vom Zirkus Chnopf, der im Zürcher Kochareal eingemietet ist, kam die Anfrage, das Kuppelzelt für ein Jubiläumsfest im kommenden Herbst nutzen zu können. Schuler, der den Zirkus einst auf einer Tournée begleitete, erklärte sein Problem, worauf er die Erlaubnis kriegte, sein Zelt jetzt schon aufzustellen. Auch in St.Gallen gäbe es Brachen und Wiesen, doch ist da eine solch freie Nutzung nicht vorgesehen. Endlose Abklärungen und Bewilligungsverfahren machen dies unmöglich.

Vom Nutzen der Besetzerszene

Die Stadt Zürich hingegen bewilligte die Anfrage des Zirkus Chnopf zügig. Ganz von ungefähr kommt dieses Wohlwollen nicht: Die Stadt fürchtet eine Ausweitung der Besetzung nebenan. Eine ähnliche Strategie fährt auch Basel beim Wagenplatz im Klybeck. Ein etwas zweischneidiges Vorgehen, das aber klar den direkten und indirekten Nutzen einer starken Besetzerszene aufzeigt.

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Direkt bewirkt diese erstmal, dass nicht auf Vorrat abgerissen wird. Der indirekte Effekt ist paradox, aber in gewisser Weise sogar noch wertvoller: Will die Stadt gegen die Besetzer ankommen, muss sie deren Anliegen übernehmen. Sie ist gezwungen, sich für attraktive Zwischenlösungen einzusetzen und lebensfreundlichen Kulturinitiativen entgegenzukommen.

Nicht zuletzt darum hat der Zirkus Chnopf in Altstetten ein Winterquartier, und das Kochareal nun ein Kuppelzelt. Bald soll es darin eine Volksküche, Quartiertische und vieles mehr geben. Vom 5. bis zum 13. September findet das «25-Jahr Jubel-Trubel-Zirkus-Chnopf-Jubiläum» statt. Für Milo Schuler und sein Kuppelzelt eine erfreuliche Sache. Für die Gallenstadt irgendwie traurig: Eine unkomplizierte Initiative mit grossem Potential wurde gezwungen, fürs erste woanders ihr Glück zu suchen.

 

Bilder: Alexandra Wolgensinger

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