, 26. September 2023
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Autobahnanschluss – Stadträt:innen kneifen

Im September behandelte das St.Galler Kantonsparlament das Strassenbauprogramm. Es entschied sich für eine beschleunigte Planung des Anschlusses Güterbahnhof und des Riethüslitunnels auf Stadtgebiet. Die St.Galler Stadträte glänzten bei den Abstimmungen vor allem durch Abwesenheit.

Ein fünfter Autobahnanschluss auf St.Galler Stadtgebiet soll einen angeblich drohenden «Verkehrsengpass» verhindern. Er soll als Halbanschluss von und in Richtung Zürich ins Areal Güterbahnhof führen und von dort weiter mit einem Riethüslitunnel Richtung Teufen. Zusätzlich soll eine dritte Autobahnröhre durch den Rosenberg gebohrt werden.

Doch viele Bewohner:innen der Stadt wollen nicht noch mehr Strassen und schon seit Jahren gilt für die Stadt das Prinzip, dass Mehrverkehr mit dem öV aufzufangen sei. Zuletzt hat die Mehrheit des Stadtparlaments den Anschluss Güterbahnhof aus dem Richtplan gestrichen und schon im November 2022 wurde ein Postulat überwiesen, das den Stadtrat auffordert, «sich beim Bund und dem Kanton gegen den Bau des Autobahnanschluss Güterbahnhof» auszusprechen.

Knopf verfehlt oder einfach nicht da?

Doch wie stimmten die drei im Kantonsparlament sitzenden Mitglieder der Stadtregierung – Stadtpräsidentin Maria Pappa (SP), Peter Jans (SP) und Sonja Lüthi (GLP) – ab, als es bei der Beratung des Strassenbauprogramms um den Anschluss Güterbahnhof und den Riethüslitunnel ging? Für dieses Projekt beschloss die Mehrheit sogar eine Beschleunigung. Dagegen opponierte die SP-Fraktion und wollte diese Beschleunigung verhindern. Maria Pappa und Peter Jans stimmten hier mit der Fraktion. Sonja Lüthi stimmte nicht ab, war nicht im Saal oder anderweitig beschäftigt.

Im Kantonsparlament gab es einen weiteren Antrag der SP-Fraktion, die vorgesehenen 5 Millionen für die Planung des Riethüslitunnels aus der Liste der Projekte zu streichen. Doch die beiden SP-Stadträte unterstützten den Antrag ihrer Fraktion nicht: Peter Jans übte sich in Stimmenthaltung, Stadtpräsidentin Maria Pappa stimmte nicht ab und auch Sonja Lüthi drückte auf keinen Knopf der Abstimmungsanlage.

(Bild: rh)

Ein weiterer Streitpunkt war Tempo 30 auf Hauptachsen. Kanton und Stadt einigten sich ursprünglich auf eine gestaffelte Einführung in der Nacht – eine Lärmschutzmassnahme, wie sie zum Beispiel in der Romandie an vielen Orten längst gilt. Doch nach lautem Protest vieler Bürgerlicher ist das Projekt vom Tisch. Man solle wenigstens in jenen Gemeinden, die Tempo 30 wollten, dies bewilligen, lautete ein Antrag. Das fand Maria Pappa richtig und stimmte mit Ja, während Peter Jans und Sonja Lüthi auch hier nicht abstimmten.

Freie Fahrt für freie Autobürger

Das gleiche Abstimmungsverhalten zeigte sich beim faktischen Verbot von neuen Fahrbahnhaltestellen für den Bus. Die Mehrheit will Busbuchten, damit sie nicht hinter haltenden Bussen warten müssen.

Als am Schluss jeder linke und grüne Antrag zum Strassenbauprogramm abgeschmettert war und es um die Schlussabstimmung ging, war es nur Stadtpräsidentin Maria Pappa, die Nein sagte. Peter Jans und Sonja Lüthi haben auch hier nicht abgestimmt. Entsprechend autofreundlich zeigt sich das Abstimmungsresultat: 74 Ja, gegen 22 Nein bei 8 Enthaltungen und 16 Kantonsparlamentarier:innen die gar nicht abstimmten.

Klar, auch wenn die St.Galler Stadträte konsequenter gegen den Autobahnausbau gestimmt hätten, hätte dies an den klaren Mehrheitsverhältnissen im Kantonsparlament nichts geändert. Linke und Grüne werden dort regelmässig überstimmt. Doch den Auftrag des eigenen Stadtparlaments haben die Stadträte auf kantonaler Ebene nicht konsequent erfüllt.

Was auch zeigt, wie schwierig es ist, in zwei so unterschiedlichen Gremien gleichzeitig zu politisieren – in der Stadt mit ihrer links-grünen Mehrheit und im bürgerlich dominierten Kanton.

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