Saiten im Oktober: Jazz ist.

Nicht tot. Aber könnte lebendiger sein... Ein Jazzheft zum 20. Geburtstag von Gambrinus. In Trios, Solos und Bildern. Ausserdem: Bücherherbst, Wahlherbst.
Von  Redaktion Saiten

«Jazz ist nicht tot, meine Damen und Herren», sagte Frank Zappa einmal, «er riecht nur komisch.»

Das unterschreiben wir.

Zuerst müsste man jedoch fragen, was das eigentlich ist, das so «komisch riecht»: Louis Armstrong? Blue Notes? Etwas mit Saxofon? Ein ganzes Genre oder nur ein Musikstil? Oder doch eine Lebenshaltung? Um diesen und anderen Fragen auf den Grund zu gehen, haben wir Fachleute beigezogen: Bruno Spoerri, Richard Butz und Marc Jenny – Jazz- Trio Nummer eins – unterhalten sich über Herausforderungen, Chancen und Potenziale im zeitgenössischen Jazz. Und auch ein wenig über das Gestern.

Unsere zweite Frage war, ob Jazz wirklich so «komisch riecht», wie Zappa meint. Wir sagen: hin und wieder. Ein bisschen. Aber gerade das macht ihn aus. Jazz irritiert. Jazz ist unbequem. Nichts für Gewohnheitstiere. Er fordert heraus. Jazz heisst in Bewegung bleiben. Improvisation. Zusammenspiel. Auflösung. Grenzen suchen, ausloten und überschreiten. Und Scheitern. Kein Wunder hat Jazz ein Imageproblem. Erst recht, wenn es um die Frauen geht. Mehr dazu, vielstimmig, unter anderem von Helvetiarockt und mit einer wild zusammengewürfelten, komplett unrepräsentativen Umfrage zum Stichwort «Jazz ist…».

Drittens die Ostschweiz: Wie duftet sie? Weniger ausgeprägt als auch schon, haben wir uns sagen lassen. Jazz-Trio Nummer zwei – Nathalie Maerten, Sandro Heule und Markus Bischof – spricht über die Gründe, weiss aber auch, was es bräuchte, damit es im Osten öfters wieder «komisch riecht». Michael Hasler hat das Gespräch geführt.

Früher hat St.Gallen definitiv anders gerochen: In der Saiten-Jazz-Nummer vom März ’97 zum Beispiel war sogar von einem «Jazz-Überangebot» die Rede. Offenbar ärgerte man sich in der Szene, dass aufgrund «mangelnder Koordination und Kommunikation» gleich zwei Jazz-Konzerte «exakt zur selben Zeit» stattfinden konnten. Wow.

Davon kann St.Gallen heute nur träumen. Jazz ist an den Rand gedrängt worden, die Szene überschaubar. Der Verein Gambrinus Jazz Plus (gjp), mit dem dieses Heft entstand, ist nach wie vor ein Dreh- und Angelpunkt für viele Ostschweizer Jazztäterinnen und -täter. 2011 musste er sich allerdings mangels Lokalitäten neu erfinden, seither versteht er sich als «stadtweiter Club» – improvisierend, von Ort zu Ort ziehend. Im November feiert Gambrinus sein 20-jähriges Bestehen, Peter Hummel vom Vorstand hat für diese Nummer in der Vereinsgeschichte gewühlt.

Und der wunderbare niederländische Zeichner Jordy van den Nieuwendijk spielt mit Farbstift «seinen» Jazz.

Ausserdem im Oktober: Bücherherbst, Wahlherbst mit Kunsthallen-Direktor Giovanni Carmine aus Tsüri, Arber Bullakaj aus Wil und dem Doppelweber in Ausserrhoden. Nicht zu vergessen: die üblichen Verdächtigen.

Corinne Riedener

Saiten: happy! Wieso? Gukkst du Oktoberheft.

Posted by Saiten – Ostschweizer Kulturmagazin on Donnerstag, 24. September 2015

 

DER INHALT:

 

Reaktionen / Postionen
Blickwinkel von Marco Kamber
Wahlkampf plakativ
Redeplatz mit Arber Bullakaj
Einspruch von Franz Hohler

 

JAZZ IST…

Quotes

«Der Jazz kopuliert mit allem»
Jazztrio I: Ein Kritiker, ein Bassist und ein Elektropionier im Gespräch.
von Peter Surber

Free Jazz oder was man dafür hält
Jazz ist, wo die Bastarde wohnen.
von Corinne Riedener

«Wir müssen einander gegenseitig mehr feiern»
Jazztrio II: Eine Sängerin, ein Pianist und ein Bassist im Gespräch.
von Michael Hasler

Jazz-Täter

Der stadtweite Jazzclub
20 Jahre Gambrinus: Ein nomadisches Lokal
von Peter Hummel

Wer gibt schon gerne die Bühne frei?
Noch immer fehlen dem Jazz die Frauen – das soll sich ändern.
von Regula Frei

Jazz-Lyrik

Die Illustrationen zum Titelthema stammen von Jordy van den Nieuwendijk.
Die Jazztrios fotografierte Sebastian Schneider.

 

PERSPEKTIVEN

Flaschenpost von Christoph Keller aus New York
Appenzell Ausserrhoden
Vorarlberg
Rapperswil-Jona
Thurgau
Stimmrecht von Yonas Gebrehiwet

 

KULTUR

«Ganz hyänenmässig»
Historische Entdeckungen auf dem Jahrmarkt.
von Peter Müller

Politiker statt Kunsthallen-Chef?
Giovanni Carmine im Gespräch mit Etrit Hasler

Der Bücherherbst: Solidarische Landwirtschaft. Demenz. Maag & Minetti. Tschuttende Mädchen. Erdbeben. Gedichte.

Happy End mit Schiltepuur
Manuel Stahlbergers zweites Soloprogramm.
von Peter Surber

Zehn Städte an einem Tag
Ham-E und E.S.I.K. lancieren ihre EP mit einer schrägen Konzertreise.
von Corinne Riedener

Rufmord in St.Gallen
Eine mediale Hetzjag zerstört im Fernsehfilm Verdacht ein Leben.
von Urs-Peter Zwingli

Weiss auf schwarz: Staatlich geschützter Rassismus.

 

ABGESANG

Kellers Geschichten
Charles Pfahlbauer jr.
Boulevard