Omnisexuell im Cinedome

Der langersehnte Deadpool-Film ist sackstark – abgesehen vom Plot. Am Männerabend im Cinedome hat sich gezeigt: Das Publikum ist nicht immer ganz so locker wie der vorlaute Superheld.
Von  Corinne Riedener
«Heute Abend mach' ichs mir selbst.» Deadpool, im Februar 2016 (Bilder: pd)

Deadpool ist so ziemlich die tollste Figur im vereinigten Superhelden-Universum. Er ist kontrovers, zynisch und schräg, nur bedingt zurechnungsfähig, ein Kindskopf mit Hang zu Erwachsenenwitzen, einem Tumor-Problem und nicht immer erwünschten Selbstheilungskräften. Und ihm ist durchaus bewusst, dass er nicht real ist, sondern nur der Macker in einem Marvel-Comic, weshalb er auch regelmässig den Drang verspürt, sich direkt ans Publikum zu wenden.

Mitte Februar hatte das Warten endlich ein Ende: Deadpool aka Wade Wilson ist im Kino angekommen. Und legte einen Traumstart hin: Allein in den ersten vier Tagen spielte er weltweit über 280 Millionen US-Dollar ein, damit übertraf er alle Erwartungen.

Ihm zu Ehren veranstaltete der Cinedome in Abtwil sogar einen Männerabend – samt Gratisbier und Mitnehmsel; von Nivea, für men. Die Vorstellung war praktisch ausverkauft und die Apéro-Theke schneller leer als man eine rauchen konnte.

Das Bier hätts gar nicht mehr gebraucht, so heiter ist der Streifen. Nur schon der Vorspann: Statt der üblichen Credits liest man Dinge, die ich an dieser Stelle zwar nicht verraten will, aber exemplarisch sind für die übrigen 108 Minuten. Deadpool (Ryan Reynolds) ist so konsequent meta und auf (Selbst)ironie getrimmt, dass man sich irgendwann fragt, auf was die Film-Crew beim Dreh war und ob davon eventuell noch etwas übriggeblieben ist. Völlig irr.

«Wenn ich dich schlage, ist es sexistisch, wenn ich es nicht tue, ist es noch sexistischer», mault Deadpool, als er sich mit der «Bad Bitch» (Gina Carano) prügelt. «Die Grenzen verschwimmen!»

Daran sollte er eigentlich gewöhnt sein: Deadpool gilt als omnisexuell, im Comic schwärmt er für Thor und im Film wechselt er vom vorlauten Rabauken zum scheuen Reh, sobald es um seine Geliebte (Morena Baccarin) geht.

Zum Tag der Frauenrechte schenkt sie ihm ein Schäferstündchen der ungewohnteren Art: Umschnall-Dildo, kennsch? Bei dieser Szene konnten nicht gar alle lachen im Cinedome. Manche sind regelrecht zusammengezuckt.

Wen wundert’s, hat doch der gemeine heterosexuelle Mann für gewöhnlich ein recht angespanntes Verhältnis zu seinem Anus. Deadpool ist da wesentlich lockerer. Männlich und weiblich, das kann er gleichzeitig.

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Keine Ahnung, ob die Kitag-Crew mit Absicht zu diesem «Männerabend» lud. Wenn ja, war das eine verdammt coole Aktion.

Wenn nicht, passte sie immerhin zum Plot – eine der wenigen Schwächen des Films. Die Story ist nämlich viel zu platt und vor allem zu konservativ für einen, der so fortschrittlich mit seinem Geschlecht umgeht wie Deadpool.

So einer heiratet nicht. Und wenn doch, sucht er sich ein ebenbürtiges Gegenüber und keines in Strapsen, das gerettet werden will.

 

Deadpool: Kinostart 8. Februar, kitag.com
Dieser Beitrag erschient im Märzheft von Saiten.