Nicht noch einen Calatrava, bitte!

Nebst Gallus steigt offenbar Stararchitekt Calatrava zum neuen Stadtheiligen auf. Saiten-Gastautor Marcel Baur meint: St.Gallen braucht keinen Calatrava – auf dem Marktplatz und auch sonst nicht.
Von  Gastbeitrag

Das Tagblatt hat mich unsanft daran erinnert, dass wir neben Gallus ja noch einem weiteren «Heiligen» huldigen.
Ein Stararchitekt namens Calatrava. In unserer Stadt stehen ja schon drei seiner äusserst bedeutenden Bauwerke von internationalem Weltruf: Ein Bushäuschen, eine Eingangspforte und eine Notrufzentrale.

Das Bushäuschen (wenn ich micht recht erinnere, kostete es rund eine Million Franken) ist ein Paradebeispiel dafür, wie man die Wartenden in einer klimatisch rauen Stadt wie St.Gallen trotz Dach den unangenehmen Seiten des Wetters aussetzt: Die vorderen zwei Meter sind alles andere als ein Schutz vor Wind, Regen und Schnee.

Das wusste man zur Zeit der Erbauung (1996) jedoch noch nicht, herrschte doch damals vorwiegend sonniges und trockenes Wetter das ganze Jahr hindurch.

Alpine Stimmung unter Tage

Die Notrufzentrale macht einen schicken Eindruck, zumindest von Osten her. Die westliche Seite soll ebenfalls sehr gelungen sein, nur sieht man sie von aussen nicht. Im Inneren kam zudem kurz nach dem Einzug alpine Stimmung auf. Tönte es doch in der Halle wie ein Echo in einem abgelegenen Gebirgstal. Mit Hilfe von Schallschutzwänden konnte das aber schnell und kostengünstig behoben werden. Gespannt darf man sein, wie die Zukunft dort aussieht. Scheinbar ist die Halle ja mittlerweile zu klein.

Und dann wäre da noch der Pfalzkeller und sein Eingang. Da habe ich bislang wenig vernommen, was zu Kritik anregen könnte. Böse Zungen behaupten jedoch, dass die Mechanik im Herbst zuweilen ziemlich laute Töne von sich gibt, wenn der Eingang geöffnet oder wieder verschlossen wird.

Marktplatz braucht keinen Stararchitekten

Ich bin der Meinung, dass der Marktplatz keinen Calatrava braucht. Plätze die einfach nur schön sind und ansonsten wenig zu bieten haben, gibt es bereits. Ein praktischer, vielfältig nutzbarer Platz mit der Möglichkeit eines ständigen Markts benötigt keinen Stararchitekten.

Zudem würden die Kosten wohl wieder derart aus dem Ruder laufen, dass auch die Chancen für ein drittes Nein an der Urne massiv steigen könnten.