«Es hat sogar eine Ballade drauf»
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Bit-Tuner war fleissig. In diesem Jahr tourte er nicht nur allpott mit den Freunden von Stahlberger oder allein durch die Lande, der gebürtige St.Galler hat auch an einem neuen Soloalbum gearbeitet, an seinem fünften, das am 3. Dezember auf dem Label OUS erscheint.
Von Bit-Tuner alias Marcel Gschwend, der dieses Jahr für den Schweizer Musikpreis nominiert war, erwartet man Düsteres, da kann er seine neue Scheibe noch lange A Bit of Light nennen. «16 tracks exploring the lighter side of darkness», heisst es im Teaser. Die Betonung liegt wohl eher auf Darkness.
Sun Ra auf Futurebeats?
Dieser «Verdacht» wird erhärtet durch das Video zu Immune, produziert von Alice Zurbuchen und Roland Von Tessin: Eine androgyne Gestalt kämpft sich, umgeben von Nacht und Rauch und dicken, mit Silber behängten Stoffen über den Asphalt, begleitet von klopfenden Bässen und sphärigen OffBeats. Die Abgesandte eines ausserirdisches VoodooTribes? Die gute Fee Guantanamos? Sun Ra auf Futurebeats? Jedenfalls ist es doch ziemlich düsteres Material – gutes Material.
Musikalisch ist Immune dicht, aber niemals schwer, da sich Gschwend auf wenige Elemente beschränkt, diese aber dafür umso besser in Szene setzt. Der Rest des Albums kommt ähnlich dunkel daher, ähnlich sakral und hypnotisch, aber durchaus hin und wieder mit Aufhellungen.
Nicht von dieser Welt
Es ist ein wallender Mix aus technoiden, trappigen, Downtempo-Schnipseln. Und basslastig, was sonst. Just zum Beispiel ist just gail. Dasselbe gilt für Anticlimax. Megalith ist glitchy, wunderschön traurig und dramaturgisch äusserst gelungen. Und Ignitron, der Opener, ist sowieso nicht von dieser Welt.
A Bit of light sind «sacral bass driven ceremonies out of the crypt», wie OUS sagt. Das trifft es ziemlich gut, trotzdem hatten wir noch einige Fragen.
Bit-Tuner: A Bit of Light, ab 3. Dezember auf OUS, als Doppelvinyl, CD und digital
Plattentaufe: 27. November, 22 Uhr, Palace St.Gallen. Support: Göldin, Iokoi und Feldermelder, palace.sg
Saiten: Was hat es mit dem Namen der Platte auf sich?
Bit-Tuner: Er hängt mit dem Cover zusammen. Ich fragte mich, was die Songs ausstrahlen, wie die Stimmung des Albums ist und bin dabei unter anderem auf den Begriff «sakral» gekommen. Zusammen mit einer Beraterin entwickelte ich die Idee einer Art Innenraum von einer Kathedrale, natürlich ohne religiösen Zusammenhang, sondern eher auf einer emotionalen Ebene. Diese Stimmung sollte auch das Coverbild ausstrahlen.
Das Cover passt zum Sakralen, aber was genau ist darauf zu sehen?
Peni Michailidou hat es gestaltet. Sie ist Architektin und hat aufgrund unserer Inputs nach passenden Strukturen und Elementen gesucht, die sie anschliessend gestaltet und zusammengebaut hat. Dieser Raum existiert so also nicht, er ist gerendert. Während des ganzen Prozesses haben wir verschiedene Objekte und Räume mit diversen (virtuellen) Materialien ausprobiert. Diese Ideen und Skizzen hat Peni in einem Ordner mit dem Namen «A Bit of Light» abgelegt. Diesen fanden wir so passend, dass wir ihn kurzerhand als Albumtitel auserkoren haben. Und nicht zuletzt auch weil ich es ernst meine: Das Album ist weniger düster als seine Vorgänger. Es hat durchaus auch optimistische Momente.
Zur Musik: Kannst du etwas über den Entstehungsprozess sagen?
Zum Zeitpunkt als ich beschloss, ein neues Studioalbum zu machen, hatte ich etwa 25 bis 30 Tracks beisammen. Entstanden sind sie mehr oder weniger alle in den letzten zwei Jahren. Ursprünglich sollten nur 14 davon darauf landen. Jetzt sind es 16, weil es von der Dramaturgie her besser passt. Ein Konzeptalbum ist es zwar nicht, trotzdem wünsche ich mir, dass es als Ganzes wahrgenommen wird. Nach der Songauswahl habe ich die fertigen Tracks mit Michael Gallusser im QFLM-Studio in St.Gallen noch einmal sorgfältig abgemischt. Diese Feinarbeit hat sich ausgezahlt, da ich so noch etwas mehr Dynamik oder Tiefe in einzelne Songs bringen konnte.
Welches sind deine «Lieblinge»?
Zu den Schlüsselstücken würde ich The Call, Immune, Forever, Prelove, Wirewalker, Megalith und Anticlimax zählen, also fast die Hälfte des Albums. Darunter gibt es «club-tauglichere» und solche, die man eher in Ruhe hören sollte. Erstere machen auf der Bühne mehr Sinn beziehungsweise entfalten auf einer grossen Soundanlage noch mehr Wirkung.
Wenn A Bit of Light ein Soundtrack wäre: Für welches Filmgenre wäre es am ehesten gemacht?
Schwierige Frage. Das hängt natürlich vom jeweiligen Song ab…. Das Album als Ganzes hat ja schon etwas recht dramatisches, da es viele hymnische, epische und teilweise fast schon pathetische Momente darauf gibt – wie wärs mit einem Bergsteiger-Drama? Ein klassisches Happy End hätte der Film aber vermutlich nicht, weil auch in den optimistischen Momenten noch eine gewisse Melancholie liegt. Aber im Vergleich zu früher sind die Songs auf A Bit of Light sicher melodischer. Ich habe heute weniger Angst vor Pathos – es hat sogar eine Ballade drauf.
Am Freitag wird das Album im Palace getauft. Was erwartet uns an diesem Abend?
Es wird sicher eine einmalige Show, die es in dieser Kombination wohl nicht mehr geben wird. Das Licht wird bombastisch. Musikalisch wird der Live-Teil im Zentrum stehen. Ich werde mehr oder weniger durchgehend spielen, meine Gäste werden sich auf der Bühne abwechseln. Vorher und nachher legen DJs auf, und irgendwann wird der Abend hoffentlich in einer hypnotischen Party münden.