Bahnhof Nord: Das ungute Gefühl bleibt
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Am Ende blieb vor allem Verwirrung. Es waren etwas viele Diagramme, Projektskizzen und «Das ist noch unklar»-Aussagen am Donnerstagabend am Tisch hinter den Gleisen im Spanischen Klubhaus. Das ungute Gefühl, das in Bezug auf die Planungsarbeit der Stadtverwaltung rund um den Bahnhof Nord herrscht, ist jedenfalls nicht ganz verschwunden.
Zur Erinnerung: Am besagten Tisch wird seit Anfang Jahr «von unten» über die Entwicklung des Gebiets debattiert. Im Sommer griff die Stadtverwaltung die Idee auf. Das Parlament sprach danach einen Kredit zur Durchführung eines partizipativen Prozesses, bei dem Anwohner, Hauseigentümerinnen, Quartiernutzerinnen und die Stadtbewohner mitreden dürfen. Gestartet wurde mit Interviews auf der Strasse. Daraus wurde dann eine öffentliche Online-Umfrage entwickelt.
Wie Daniela Nüssli vom Stadtplanungsamt im Klubhaus offenlegte, wurde die Umfrage von 643 Personen ausgefüllt. Zum Vergleich: Der Bahnhof St.Gallen wird täglich von über 60 000 Personen genutzt und in St.Gallen leben knapp 80 000 Einwohner.
«Wir sind zufrieden mit dem Rücklauf», sagte FHS-Dozent und Saiten-Autor Dani Fels, der den partizipativen Prozess begleitet. Man dürfe der Umfrage, die als eine Art Gradmesser diene, auch nicht zuviel Gewicht geben. Deshalb wurde sie auch nicht engagierter gepusht in der öffentlichen Wahrnehmung.
Wie jetzt? Will man die Meinung von der Strasse hören, oder nicht?
«Der Prozess gaukelt vor, dass man Einfluss hat»
Dafür vorgesehen ist laut Fels eher das sogenannte «World Café»: An diesem Anlass im nächsten Frühling werden alle Interessierten ihre Meinungen einbringen können. «Wir hoffen auf mehrere hundert Teilnehmer», so Fels.
Danach kommen in einem komplizierten Testplanungsverfahren verschiedenste Gruppen – etwa Planungsexperten, Grundeigentümer, Leute aus der Verwaltung – zusammen. (Einen Überblick über das Verfahren gibts hier auf Folie 16.) Daraus sollen städtebauliche Ideen und Rahmenbedingungen für die Überbauung der Lagerstrasse (dort steht das Klubhaus) entstehen. «Sicher ist, dass wir den öffentlichen Raum aufwerten müssen. Und dass bei Neubauten die Erdgeschosse öffentlich genutzt werden müssen», sagte Nüssli. Und Fels betonte: «Der Prozess ist transparent und vor allem ergebnisoffen.»
Vor allem Letzteres glauben nicht alle. SP-Stadtparlamentarier Martin Bösch übte am Tisch scharfe Kritik: «Die Erwartungen an den Partizipationsprozess werden hochgeschaukelt. Letztendlich werden die Leute kaum etwas zu sagen haben. Wird der Boden im Baurecht abgegeben, braucht es nicht einmal eine Volksabstimmung für ein Projekt.»
Zudem habe Stadträtin Patrizia Adam gegenüber der Baukomission gesagt, die Stadt werde die Rosenbergstrasse «nicht anfassen», das sei Sache des Kantons. «Dabei ist die heutige Situation dieser Strasse doch ein zentrales Problem des Quartiers», sagt Bösch.
Rauf auf die FHS-Terrasse
Nüssli entgegnete, dass man eng mit dem Kanton – dem ja auch der berühmt-berüchtigte Parkplatz gehört – zusammenarbeite. «Und dass Erdgeschosse von künftigen Neubauten genutzt werden können, kann man mit einem Sondernutzungsplan festlegen.» Bösch und auch andere aus dem Publikum schienen nicht richtig überzeugt: Dass der Start in den partizipativen Prozess mit der unglücklich gestalteten und kaum beachteten Umfrage etwas holprig war, macht es auch nicht unbedingt besser. Wichtig ist, dass die Stadt und die FHS möglichst viele Leute zum Besuch des «World Cafés» mobilisieren können. Und dafür braucht es dann etwas mehr als eine Medienmitteilung, Facebook-Posts und Tweets.
PS: Ein interessantes Detail am Rande aus der Diskussion: Die Terrasse auf dem FHS-Sockel ist explizit öffentlich zugänglich, ist heute aber noch oft leer – sicher eine schöne Gelegenheit für Sonnenanbeter und Rooftop-Partys.
PS 2: Der Tisch hinter den Gleisen könnte noch etwas Zulauf brauchen. Gestern waren inklusive Journalisten und Veranstaltern etwa 17 Nasen vor Ort!
PS 3: Wir bleiben dran.